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Betreutes Wohnen für Jugendliche

Immer wieder zeigt sich, dass eine angemessene Betreuung von Jugendlichen einen Auszug aus der elterlichen Wohnung notwendig macht. Diese Jugendlichen wollen oder können, aus welchen Gründen auch immer, nicht, noch nicht oder nicht mehr in traditioneller (Heim-) Erziehung leben. Anlass für die Aufnahme kann der Wunsch eines Jugendlichen sein, aus der elterlichen Wohnung auszuziehen oder das “Nichtzurechtkommen” in der Heimerziehung. Flexibel betreute Wohnformen sind nicht für eine bestimmte Klientengruppe vorgesehen, sondern für eine vielfältige Gruppe von Betroffenen.

Über die Durchführung der ambulanten Hilfen zur Erziehung hinaus, die sich jeweils an ganz bestimmte Klienten richten, erstreckt sich das sozialpädagogische Angebot der Jugendhilfestation auch auf sehr ausdifferenzierte Formen des “Betreutes Wohnens / Jugendwohnens” (§§ 34 / 35a SGB VIII). Dabei gibt es eine Vielfalt von Wohn- und Betreuungsformen. Kinder und Jugendliche, die im Rahmen des Betreuten Wohnens Unterstützung und Hilfe zur Erziehung erhalten, leben:

  • in Einzelwohnungen mit einem selbst gesuchten Partner (nicht aus öffentlicher Erziehung)
  • mit einem weiteren Jugendlichen – beide befinden sich in flexibler Betreuung
  • mit zwei weiteren Jugendlichen in einer Wohngruppe
  • mit Geschwisterkindern als “Familien“ kurzzeitig mit im Haushalt eines Betreuers
  • in der eigenen Wohnung mit einem Betreuer

Durch das Team der Jugendhilfestation Greifswald werden aufsuchende Arbeit, begleitende Beratung, soziale Gruppenarbeit sowie Betreuung in Wohngruppen / Einzelwohnen für Jugendliche miteinander kombiniert. Im Rahmen der flexibel betreuten Wohnformen werden etwa 16 junge Menschen im Alter zwischen 16 und 20 Jahren in unterschiedlichen Formen betreut: Gemischte Wohngruppen / Betreutes Einzelwohnen / Mutter mit Kind. Als Räumlichkeiten im Haus stehen zur Verfügung:

4 Wohngemeinschaften mit ca. 8 Angeboten
1-Raum-Wohnug als Krisenwohnung mit 2 Angeboten
1 Wohngemeinschaft / Mädchenwohnen mit 3 Angeboten
1-Raum-Wohnung für eine Kontaktperson

Darüber hinaus bemüht sich die Jugendhilfestation immer wieder um die Anmietung von geeigneten Wohnungen im Stadtgebiet, in denen Jugendliche in Einzelwohnungen oder Wohngemeinschaften untergebracht und begleitet werden können.

Flexible Betreuungszeiten

Die Betreuungsform und Intensität variiert entsprechend den individuellen Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen. Unsere Sozialpädagoglnnen arbeiten als Einzelbetreuer, im Team ohne und mit Nachtbereitschaft sowie als Modell familienähnlicher Lebenszusammenhänge.

Die Betreuungsintensität, ausgedrückt in Fachleistungsstunden pro Woche, reicht von 3 Stunden bis hin zu 25 Stunden wöchentlich. Sollte es sich herausstellen, dass noch andere Wohn- und Betreuungsformen notwendig sind, würde im Rahmen der flexiblen Betreuung nach alternativen Lösungsmöglichkeiten gesucht werden.

Nutzung des Hauses Baderstraße

Wir möchten mit unserer Konzeption erreichen, dass Jugendliche möglichst nah in und an ihrem bisherigen Wohnfeld bleiben können. Die inhaltliche Ausgestaltung unterscheidet sich von der eines Heimes, in dem wir sehr alltagsorientiert und lebensweltnah die Betreuung durchführen. Bei der Betreuung richten wir uns nach dem sozialpädagogischen Bedarf und der Notwendigkeit in jedem Einzelfall.

Dies wird ausgedrückt in der inhaltlichen Ausgestaltung der Hilfe und der Betreuungsintensität (Umfang an Fachleistungsstunden). Die Jugendlichen sollten in der Regel nicht jünger als 16 Jahre alt sein. In dieser Wohnform können gleichzeitig Mädchen und Jungen aufgenommen werden. Räumlichkeiten und Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen lassen sogar die Aufnahme von allein erziehenden jungen Müttern mit ihren Kindern zu.

Jugendwohngemeinschaften

In der Jugendwohngemeinschaft soll ein sozialpädagogischer Ansatz zwischen Einzelhilfe und Gruppenpädagogik praktiziert werden. Die pädagogische Aufgabe der Betreuung besteht vor allem darin, die soziale Entwicklung der Jugendlichen zu unterstützen und verbesserte Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu schaffen, sowie die Verselbständigung der Jugendlichen zu begleiten. Gegenüber dem festen Institutionsrahmen eines Heimes haben die kleinen Einheiten der Wohngruppen die Möglichkeit, sich den Jugendlichen anzupassen (Individualisierung und Flexibilität). Ein besonderer Schwerpunkt zur Verselbständigung der Jugendlichen ist die eigenverantwortliche Gestaltung des Alltags in der Wohngemeinschaft. Dies schließt die Organisation der Versorgung ebenso mit ein, wie die Reinigung der Räume.

Die Verwaltung eines eigenen Budgets durch die Jugendlichen selbst bildet die Grundlage für die Bereitschaft, unterschiedliche Bedürfnisse zur Geltung kommen zu lassen. Auseinandersetzungen über die Normen, die in der Jugendwohngemeinschaft gelten sollen, finden in den obligatorischen Gruppenbesprechungen statt. Die Aufgabe der Betreuer ist es hierbei, auf das Einhalten von Regeln des Verhaltens zu achten, die nicht nur die Gleichberechtigung der Gruppenmitglieder sicherstellen, sondern auch dem Gewicht des rationalen Arguments Rechnung tragen sollen. Im Rahmen der Einzelhilfe begleiten und beraten die Mitarbeiterinnen die Jugendlichen beim Suchen von Lern- und Arbeitsorten. beim Bewältigen von Anforderungen, die Ämter an sie stellen, bei der Vorbereitung auf Gespräche und Konflikte, die sie mit ihren Eltern haben etc.

Die Arbeit der Betreuer und die Organisation der Wohngemeinschaft zielen darauf ab, die Lebensbedingungen der Jugendlichen so zu gestalten, dass nach Beendigung der Hilfen zur Erziehung – außer der Veränderung des Wohnortes – keine gravierenden Umstellungen bei den Jugendlichen notwendig werden. Ein solcher lebensweltbezogener Ansatz setzt voraus, dass es den Jugendlichen ermöglicht wird, in großem Maße ihre individuellen Lebensstile zu leben. Dies wird z.B. dadurch unterstützt, dass sie ihre wesentlichen Bezüge außerhalb der Wohngemeinschaft erhalten bzw. aufbauen.

Dies setzt unter anderem voraus, dass neben der Teilnahme an den Gruppenabenden nur wenig auf die Wohngemeinschaft bezogene kollektive Verpflichtungen bestehen; dass die Bewohner sich ihr Zimmer mit eigenen Möbeln möblieren, die somit dann den Grundstock für die Möblierung ihrer später eigenen Wohnung abgeben; dass sie Besuch empfangen und Freundschaften pflegen können in dem Rahmen, wie es das Zusammenleben in der Wohngemeinschaft zulässt; dass die Jugendlichen uneingeschränkt ihr eigenes Geld verwalten (dies ist von grundsätzlicher Bedeutung), wobei sie selbständig einen im Rahmen der Gruppenabende beschlossenen Anteil in eine Gruppenkasse einzuzahlen haben.

Bei sich ändernder Lebenslage der Jugendlichen kann eine veränderte sozialpädagogische Betreuung organisiert werden. Sie wird in der Regel von den den Jugendlichen bekannten, Mitarbeiterinnen durchgeführt. In dieser Anpassungsfähigkeit an die sozialpädagogischen Anforderungen des Einzelfalls liegt die besondere Stärke der Einbindung der Wohngemeinschaft in die Jugendhilfestation.

Ausgestaltung der Betreuung

Kommt es zur Übereinstimmung mit den Jugendlichen und zur Bewilligung der Hilfe durch das Jugendamt, werden die Jugendlichen bei Einzug in eine betreute Wohnform einen Miet- bzw. Untermietvertrag bekommen. Der Mietvertrag gibt dem Jugendlichen das Gefühl, ernst genommen zu werden. Zum anderen gibt dies die Möglichkeit, über alltägliche Regeln und Normen in Interaktions- und Kommunikationsprozesse zu treten. Die Jugendlichen können ihr Zimmer selbst gestalten, wobei wir ihnen behilflich sein werden. In der Regel sollten alle Jugendlichen ein eigenes Zimmer bewohnen, um ihnen die Möglichkeit eines Schutzraums und der Wahrung ihrer Intimssphäre zu schaffen. Bei der Möblierung der Wohnungen setzen wir stets auf die Unterstützung des Sozialamtes, etwa durch die Bereitstellung von gebrauchten Möbeln, die sich die Jugendlichen selbst aussuchen sollten und die in ihr Eigentum übergehen werden.

Die Leistungen zum Unterhalt werden von den BetreuerInnen treuhänderisch an die Anspruchsberechtigten weitergeleitet. In Absprache mit den Jugendlichen wird das Geld eingeteilt. Die finanzielle Selbstverantwortung ist eine Voraussetzung zur Verselbständigung. Das dem Jugendlichen zur Verfügung stehende Einkommen orientiert sich an den Regelsätzen der Grundsicherung nach SGB. Die Anlehnung des Finanzvolumens an diese Vorgaben entspricht meist den künftig zur Verfügung stehenden Geldbeträgen und ist somit eine Vorbereitung und Gewöhnung, um damit auszukommen. Genauso wie die finanzielle Selbstverantwortung gehört auch die Selbstversorgung zur Verselbständigung. Die MitarbeiterInnen erarbeiten gemeinsam mit den Jugendlichen Versorgungspläne. Diese können sehr unterschiedlich sein. Die Jugendlichen sollen entscheiden, ob sie jeder für sich oder in Gemeinschaft wirtschaften wollen. Die MitarbeiterInnen unterstützen die Jugendlichen beim Einkauf und der Essenzubereitung sowie bei allen anderen hauswirtschaftlichen Arbeiten. Die MitarbeiterInnen arbeiten nicht nach starren Dienstplänen, sondern nach dem Zuständigkeitsprinzip. Jede/r KlientIn hat ihre/seine AnsprechpartnerIn, ihre/seine zuständige SozialpädagogIn. In Abhängigkeit vom vereinbarten Betreuungsumfang und vom Bedarf wird die Betreuungszeit flexibel eingeteilt. Jede Betreuung orientiert sich am Alltag des Klienten. In Interaktions- und Kommunikationsprozessen wird über Betreuungsinhalte verhandelt und Ziele werden bestimmt. Bei deren Festlegung müssen die Ziele der PädagogenInnen, mit denen der Jugendlichen abgestimmt werden. Ein Ziel sollte die Beendigung der Schulausbildung bzw. die Aufnahme oder Beendigung einer Lehrausbildung sein. Auch hierbei werden die MitarbeiterInnen unterstützend wirken, sei es die Begleitung zu Ämtern, der Kontakt zu Bildungseinrichtungen oder eine gemeinsame Jobsuche.

Die Betreuung richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Jugendlichen und nach dem Ziel der Stärkung von Selbstorganisation, Selbstverantwortung, Konfliktfähigkeit und Auseinandersetzungsvermögen. Die Jugendlichen werden dort abgeholt, wo sie gerade stehen und flexibel entsprechend ihren jeweiligen Bedürfnissen beim Prozess der Verselbständigung begleitet. Dazu werden immer wieder Ziele gemeinsam erarbeitet und vereinbart. Bei aller Individualität müssen entsprechend der Alltagsorientierung gesellschaftliche Normen beachtet werden. Die Jugendlichen müssen schrittweise in die Lage versetzt werden, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen und Konflikte in angemessener Form auszutragen. Dabei ist es wichtig, dass sie lernen, sich realistisch einzuschätzen und entsprechend ihren Fähigkeiten Perspektiven zu entwickeln und zu planen. Die BetreuerInnen unterstützen und beraten die Jugendlichen bei Kontaktaufnahmen im sozialen Umfeld und in der Freizeitgestaltung. Elternarbeit wird nur dann stattfinden, wenn sie vom Jugendlichen und den Eltern gewünscht wird und/oder sozialpädagogisch sinnvoll erscheint.

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